Glaubensbekenntnis auf Glas in Winnweiler

glaubensbek_1_kl.gif

Mit dem feierlichen Einweihungs-gottesdienst der neu erbauten katholischen Kirche in Winnweiler am 26. November 1913 wurde offiziell das Simultanverhältnis beendet. Die Protestanten hatten von nun an die alte Kirche in alleinigem Eigentum und begannen mit einer gründlichen Innenrenovierung, deren Höhepunkt der Einbau von neuen Fenstern mit Glasmalereien werden sollte.
Im März 1914 wurde bereits der Vertrag mit der Kunstanstalt Aloys Röder in Kaiserslautern geschlossen:
„Zwischen der Evgl. Kirchengemeinde Winnweiler & der Kunstanstalt A. Roeder, K´lautern wurde folgendes abgeschlossen: Der Firma A. Roeder wurde heute die Lieferung der neuen Fenster für die hiesige Kirche zu nachstehenden Preisen übertragen.


1. als Mittelfenster mit segn. Christus nach Thorwaldsen zu 450,- MK
2. 2 seitl. Fenster mit den Aposteln nach A. Dürer per Stück 380,- MK
3. 6 Schifffenster in einfacher Ausführung mit gemalter Bordüre (Brot&Wein) per Stück 125,- MK
4. 2 seitl. Fenster mit Einzelfig. Luther & Melanchton als Vollbilder wie vor p. Stk. 380,- MK
5. 2 gemalte Rosetten wie Pos. 3 p. Stk 60,- MK
6. 4 gemalte Medaillons (Brustbilder) als Gustav Adolf, Friedrich d. Fromme (III. – ausgeführt wurde Friedrich IV.), Zwingli, Calvin als Zuschlag p. Stk. 65,- MK
Die Firma verpflichtet sich die Arbeit nur mit gutem Material & bester, künstlerischer Ausführung herzustellen. Ferner übernimmt dieselbe vollständige Garantie für Wasserdichtigkeit. Der Transport geht zu Lasten der Kirchengemeinde.“(1) 


Die Kunstanstalt Aloys Röder wurde 1889 vom Namensgeber in Kaiserslautern gegründet. Ab 1904 wurden auch Glasmalerei, Ätzerei, Bleiverglasung, Bau-Dekoration und Malerei angeboten. Die erste nachweisbare Kunstverglasung für eine protestantische Kirche in der Pfalz wurde 1905 für Becherbach geliefert. Aloys Röder scheint die Entwürfe und die Ausführung selbst vorgenommen zu haben. Er hatte einen Mitarbeiter namens Zimmermann, der als Außendienst-Vertreter für ihn zu potentiellen Kunden reiste (2).

Nachdem die Gestaltung und Anfertigung geklärt waren, musste beim Bezirksamt auch eine Genehmigung eingeholt werden. Dekan Friedrich Wilhelm Schmitt (3) schrieb deswegen am 22. Juli 1914 nach Rockenhausen: „Das einzig neue an der Kirche sind die gemalten Fenster, deren Skizzen nunmehr nach langem Bitten und Zögern dem Pfarramte zugegangen sind und die hiermit in gesondertem Umschlage dem K. Bezirksamt vorgelegt werden. Der Hersteller dieser Fenster versichert, daß die Skizzen dem Vorstand des Gewerbemuseums Herr Prof. Brill – Kaiserslautern, vorgelegt und von demselben gut geheißen worden sind. Auch hierfür wird um Genehmigung gebeten.(4)“

 

glaubensbek_2_kl.gifAm 23. August 1914 fand in Verbindung mit der offiziellen Amtseinführung von Dekan Schmitt der erste Gottesdienst in der restaurierten Kirche statt und die Glasmalereien konnten von der Gemeinde erstmals bewundert werden.
Die Fenster im Chor wurden von Gemeindegliedern gestiftet: „Der einladende Christus von Direktor Scherer in Elberfeld, die übrigen von Familie Richard Bischoff, Frau Witwe Hoster, Apotheker Christian Stübinger und Friedrich Baus.(5)
Die Kirchenfenster wurden bei den Jagdbombenangriffen am 2. und 16. März 1945 in Mitleidenschaft gezogen. Erst im Jahre 1948 konnten die beschädigten Kirchenfenster durch den Kunstglaser Kölbel in Kaiserslautern im alten Stil erneuert werden. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 2000,- Mark.

Die Wahl der Bilder in Winnweiler ist nicht zufällig erfolgt. Ganz bewusst wurden Dürers „Vier Apostel“ gewählt. Dieses Tafelbild entstand 1524 – und das war für die damalige Zeit etwas ganz Neues – nicht als Auftragsarbeit und nicht für eine Kirche, sondern als ganz persönliches Bekenntnisbild Dürers, das Zeugnis von seinem evangelischen Glauben ablegen sollte. Die Gestaltung der Kirchenfenster war also vor allem eine Darstellung der eigenen Reformations- und Konfessionsgeschichte, sowie das Herausstellen der Kernpunkte protestantischer Glaubenslehre. Mit der Ablösung des leidigen Simultaneums sollte in Winnweiler vor allem dies gezeigt werden: Das ist unsere protestantische Kirche, das ist unsere Geschichte und das ist unser Glauben mit dem segnenden Christus im Mittelpunkt: „Siehe ich bin bei Euch alle Tage“.

glaubensbek_3_kl.gif

 

 

 (1) ZASP, Abt. 44, Winnweiler, Nr. 809.
 (2) Sommer, Anke Elisabeth: Glasmalereien der Protestantischen Landeskirche der Pfalz, Regensburg 2007, S. 85.
 (3) Biundo 4804, Dekan in Winnweiler von 1914 bis 1930.
 (4) ZASP, Abt. 44, Winnweiler, Nr. 809.
 (5) Pfarrbeschreibung 1953, S. 19.

Pfalz Migration

Pfalz Volkskunde

Heimat-Pfalz.de benutzt Cookies, um seinen Lesern das beste Webseiten-Erlebnis zu ermöglichen. Außerdem werden teilweise auch Cookies von Diensten Dritter gesetzt. Weiterführende Informationen erhalten Sie in der Datenschutzerklärung von Heimat-Pfalz.de.